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Gut gewartete Bremsen sind für Rennradfahrer eine Lebensversicherung – doch viele Original-Ersatzteile sind flächendeckend ausverkauft. Der Markt bietet zwar reichlich Alternativen, doch wie gut und sicher sind die Bremsbeläge und Bremsscheiben von Fremdherstellern? Der TOUR-Test nennt die Fakten. Unten zum Download für 1,99 Euro.
Manchmal sind es die kleinen Dinge, die große Probleme bereiten. Wer aktuell das Rennrad für die neue Saison fit machen will, könnte auf unerwartete Hindernisse stoßen, denn die akute Materialknappheit, die die gesamte Fahrradwelt mit der Corona-Pandemie erfasste, ist auch zwei Jahre nach deren Beginn bei Weitem nicht ausgestanden – vor allem häufig benötigte Verschleißteile sind Mangelware. Dabei müssen Verbraucher nicht „nur“ höhere Preise in Kauf nehmen, weil die Nachfrage hoch und das Angebot knapp ist. Wer beispielsweise nach Belägen für die verbreiteten Shimano-Scheibenbremsen sucht, der findet: nichts. Die in Online-Shops prognostizierte Lieferzeit beträgt meist mehrere Monate und lässt kaum Hoffnung, dass sich die Versorgungslage in absehbarer Zeit ändert.
Wer seinen Renner nicht wegen eines Paars fehlender Bremsklötze stilllegen will, muss also Alternativen auftun, denn Bremsbeläge (und Bremsscheiben) für Scheibenbremsen werden, je nach Nutzung, ähnlich häufig fällig wie Bremsklötze (und Felgen) an Felgenbremsen. Wir haben nach Belägen und Scheiben für Shimanos Ultegra-Scheibenbremse gesucht, die auch zu den Dura-Ace-, 105- und GRX-Bremsen sowie einigen Mountainbike-Gruppen passen. Die meisten Beläge werden auch für Bremsen von SRAM oder Campagnolo angeboten, die Ergebnisse sind weitgehend übertragbar. Wir haben uns auf sogenannte organische Beläge konzentriert, deren Mischung aus Faserstoffen und wenigen Metallpartikeln besteht, die in Kunstharz eingebettet sind. Sie sind fürs Rennrad erste Wahl, weil sie das beste Ansprechverhalten bieten, zudem meist leise sind und die Scheiben schonen. Daneben gibt es Beläge aus Sintermetall, die vor allem mehr Hitze vertragen – sie werden allerdings am Rennrad kaum eingesetzt. Auf unserem Bremsenprüfstand mussten die Kandidaten zeigen, wie es um Bremsleistung, Verschleiß und die Standfestigkeit in Extremsituationen bestellt ist.
Test und Ergebnisse kurz & knapp
Der Markt bietet eine große Auswahl an Alternativen für die (guten) Originalbeläge, wobei man auf die Herkunft achten sollte: Produkte von Billig-Anbietern sind nicht zu empfehlen, die Teile bekannter Zubehör-Marken ordentlich. Spezialisierte Hersteller können sogar bessere als die Originalbeläge bieten, ohne übertrieben teuer zu sein. Die Bremsscheiben unterscheiden sich hauptsächlich im Preis sowie im Gewicht und damit in der Standfestigkeit, bei der Bremsleistung dagegen kaum.
Folgende Bremsbeläge waren im TOUR-Test
Folgende Bremsscheiben waren im TOUR-Test
Interview mit Dipl.-Ing. Dirk Zedler über Bremsbeläge und Bremsscheiben von Fremdherstellern
Jens Klötzer hat mit dem Diplom Ingenieur Dirk Zedler, Sachverständiger und Experte für Fahrradsicherheit am Zedler-Institut über Bremsbeläge und Bremsscheiben von Fremdherstellern gesprochen.
TOUR: Bremsenhersteller warnen, dass mit Belägen oder Scheiben von Fremdherstellern sämtliche Garantie- und Gewährleistungsansprüche erlöschen. Was bedeutet das, wenn es mit der Bremse ein Problem gibt?
Zedler: Man muss genau unterscheiden zwischen Garantie und der Sachmängelhaftung, also der gesetzlichen Gewährleistung. Die Garantie kann der Bremsenhersteller in jedem Fall ablehnen, denn sie ist eine freiwillige Zusatzleistung. Von der Sachmängelhaftung kann er sich aber nicht so einfach befreien. Es muss ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Mangel an der Bremse und der Modifikation bestehen. Das Problem muss also direkt auf die fremden Beläge oder Scheiben zurückzuführen sein, dann kann er die Haftung abwenden.
Ein Billig-Belag würde vor Gericht Probleme machen
Kann ich mich auf den Hersteller der Beläge oder Scheiben berufen, der die Teile für eine bestimmte Bremse empfiehlt?
Man sollte den Hersteller der Fremdteile bei Problemen in jedem Fall einbeziehen. Namhafte Anbieter können im Zweifel nachweisen, dass ihre Produkte mit der jeweiligen Bremse funktionieren. Ich würde deswegen von billigen No-Name-Teilen abraten, auf denen nicht einmal ein Hersteller vermerkt ist. Sie würden vor Gericht wohl Probleme machen.
Wie häufig sind Probleme mit Fremdbelägen?
Wenn Teile von renommierten Zubehörmarken stammen, ist das nicht problematisch. Aktuell weichen auch viele Händler auf Fremdhersteller aus, und wir hören keine Klagen. Allerdings sind das meistens bekannte Marken, die ihre Fertigung gut kontrollieren. Aus dem Kraftfahrzeug-Bereich wissen wir, dass bei Billig-Belägen aus fragwürdigen Quellen vor allem die Toleranzen groß sein können – ein Belag kann passabel funktionieren, der nächste aber nicht.
Alle Fakten, Details und Einzelnoten der getesteten Bremsbeläge und Bremsscheiben gibt es im TOUR-Test hier zum Download für 1,99 Euro