1985 drohte das Aus für die Bahnstrecke Mühldorf-Rosenheim: Wie ein Brief aus Soyen an Strauß half


A citizen's letter to Franz Josef Strauss in 1985 prevented the closure of the Mühldorf-Rosenheim railway line, which was threatened due to the poor condition of bridges.
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1985 drohte das Aus für die Bahnstrecke Mühldorf-Rosenheim: Wie ein Brief aus Soyen an Strauß half

Stand: 01.06.2025, 17:13 Uhr

Von: Heinz Seutter

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Links: Das Bild aus dem OVB vom 31. Mai 1985 zeigt, wie Franz Josef Strauß den Brief der Soyener Bürger entgegennimmt. Rechts: „Nach acht Jahren: Ein neuer Triebwagen der Inntalbahn verläßt den Bahnhof Rosenheim in Richtung Mühldorf“, heißt es zu dem Bild aus der Zeitung vom 30. Mai 1994. © Schlessl/Traub / Repro: Stadtarchiv Rosenheim (Montage)

Kein Zug, nur noch Busse zwischen Mühldorf und Rosenheim? Dieses Szenario drohte vor 40 Jahren im Jahr 1985. Doch auch dank einem Brief couragierter Soyener an Franz Josef Strauß kam es dann nicht soweit. Wir zeichnen das Geschehen an Hand von Berichten aus dem OVB-Zeitungsarchiv nach.

Mühldorf am Inn/Rosenheim/Soyen - „Zum Beginn des Winterfahrplans im Herbst wird kein Zug mehr direkt zwischen Rosenheim und Mühldorf verkehren“, musste das Oberbayerische Volksblatt (OVB) am 10. Juli 1978 vermelden. „Ursache dafür ist nach Informationen der Rosenheimer SPD-Landtagsabgeordneten Walter Schlosser und Max Falter der Zustand der Eisenbahnbrücke über den Inn bei Jettenbach, die jetzt schon von Zügen nur mit einer Geschwindigkeit von 20 Stundenkilometern befahren werden darf und ab Oktober ganz für den Verkehr gesperrt werden soll.“

Ein Video von Karl Bönisch auf Youtube zeigt das Provisorium 1985:

1876 war die Bahnstrecke Mühldorf-Rosenheim nach fünfjähriger Bauzeit eröffnet worden. Als besondere Leistung galten dabei die Errichtung zweier Innbrücken bei Soyen und Jettenbach. Ausgerechnet diese verursachten dann aber knapp 100 Jahre später Probleme. So kam es zu einer kuriosen Lösung: „Es klingt wie ein verspäteter Faschingsscherz: Die Kunden der Bundesbahn werden auf der Bahnlinie Mühldorf—Rosenheim einen Fußmarsch einlegen. Dies teilte jetzt die Pressestelle der Direktion München auf Anfrage mit. Genau 10 Minuten hat dafür die Bundesbahn in den neuen Fahrplan, der ab 17. März gültig, ist, eingeplant“, so das OVB am 13. März 1979.

1985 drohte das Aus für die Bahnstrecke Mühldorf-Rosenheim: Wie ein Brief aus Soyen an Strauß half

Doch auch dieses Provisorium endete Ende September 1985, da die Brücke zu baufällig wurde. Damit war der Zugverkehr zwischen Mühldorf und Wasserburg vorerst beendet. Stattdessen verkehrten Busse. Doch nach einem Schreiben der drei Soyener Ingrid Dropplmann, Haino König, und Hildegard Eiler kam Hilfe von ganz oben. „Als skandalös bezeichnete Ministerpräsident Franz Josef Strauß die Taktik der Bundesbahn, erst die an sich wichtige Bahnstrecke ‚systematisch zu Grunde zu richten‘ und dann den unvermeidlichen Rückgang in der Inanspruchnahme der betreffenden Strecke auch noch als Beleg für das Argument heranzuziehen, der Strecke fehle die verkehrswirtschäftliche Bedeutung“, berichtete am 31. Mai 1985 das OVB.

"Ab Herbst ist nicht einmal mehr der seit 1979 aufrechterhaltene Fußgängerverkehr über die Jettenbachbrücke von einem Zug zum anderen möglich. Zwischen Wasserburg und Mühldorf wird aus Sicherheitsgründen alles von der Schiene auf die Straße verlagert, unabhängig von der immer noch offenen Entscheidung, ob die Bahnstrecke überhaupt stillgegelegt werden muß, wie dies die Bundesbahn beabsichtigt“, heißt es zu diesem Foto in der Ausgabe des OVB vom 31. Mai 1985. © Schlessl / Repro: Stadtarchiv Rosenheim

Schon zuvor war eine derartige „Salamitaktik“ der Bahn auch von der SPD im Landtag angemahnt worden. „Die Bundesbahn begründet ihren Schritt mit dem Verkehrsrückgang auf den betreffenden Strecken: So habe die Zahl der Reisenden 1981 im werktäglichen Durchschnitt noch 819, im Jahre 1983 aber nur noch 743 betragen.“ Das Bayerische Verkehrsministerium habe weiterhin auf die Bedeutung der Strecke Mühldorf-Wasserburg-Rosenheim als wichtige Nord-Süd-Bahnverbindung im südostbayerischen Raum“ verwiesen. Zudem sei sie „eine direkte Verbindung des Mühldorfer Raumes zum Chemiedreieck. Die Strecke sei auch der kürzeste Weg aus Niederbayem und aus dem Osten Oberbayems über Kufstein nach Italien. Schließlich würde durch Aufgabe der Strecke für die Zukunft eine östliche Umfahrung des Raumes München ohne größere Umwege unmöglich gemacht.“

Ab 1994 wieder durchgehender Zugverkehr

Letztlich kam es zu keiner formellen Stillegung, da die Strecke laut Paragraph 10 des Verkehrssicherstellungsgesetzes aus militärstrategischen Gründen vorzuhaltenden Anlagen zählte. Unter finanzieller Beteiligung des Bundesministeriums der Verteidigung wurde Ende der 1980er-Jahre die Sanierung der abgängigen Innbrücke Jettenbach in Angriff genommen. Gleichzeitig wurde auch die bei Königswart nahe Soyen gelegene zweite Innbrücke der Strecke bis 1993 saniert. „Mit Beginn des Sommerfahrplans rollen wieder Züge über die Eisenbahnbrücke bei Jettenbach, die zehn Jahre lang gesperrt war und zu den kuriosesten Bahneinrichtungen in der Bundesrepublik zählte“, konnte das OVB dann am 30. Mai 1989 verkünden, musste aber hinzufügen: „Um den Zugverkehr auf der gesamten Bahnstrecke zwischen Mühldorf und Rosenheim aufnehmen zu können, muss auch die Königswarter Eisenbahnbrücke saniert werden.“

Alle Blicke ins Zeitungsarchiv auf der Themenseite:Alle bisher erschienen Artikel aus der jeden Samstag um 15 Uhr erscheinenden Reihe „In alten Zeitungsbänden gestöbert“, aber auch diverse zusätzliche Artikel über spektakuläre Kriminalfälle, bekannte Persönlichkeiten der jüngeren Zeitgeschichte sowie andere bedeutende Ereignisse, nacherzählt an Hand von alten Zeitungsartikeln findet Ihr ab sofort auf dieser Themenseite.

Schließlich konnte die Zeitung dann im Rahmen der Berichterstattung zur Etablierung des Liniensterns Mühldorf am 30. Mai 1994 berichten: „Nach neunjähriger Unterbrechung ging die Eisenbahnstrecke zwischen beiden Städten wieder in Betrieb. Die Inntalbahn, so wurde die Strecke bereits 1876 bezeichnet, wurde mit der Einweihung der Königswarter Brücke wiedereröffnet. Sie soll als Umleitung um den großen Eisenbahnknoten München dienen.“ (hs)

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