Stand: 16.04.2025, 05:15 Uhr
Von: Sylvia Hampel
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„Es gibt Kommunen, die ihre Ausgaben nicht mehr stemmen können. Da geht es uns besser“, kommentierte Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber (CSU) den kommunalen Haushalt 2025. Allerdings hat die Gemeinde Bernau in den nächsten Jahren große Projekte zu stemmen. Eine Rekordverschuldung droht.
Bernau – Waren die Schulden der Gemeinde Bernau zum Jahreswechsel 2024/25 mit 4,6 Millionen Euro so gering wie in den vergangenen 15 Jahren nicht, sieht es nach Prognose des Kämmerers Patrick Greilinger in drei Jahren ganz anders aus. Bis 2028 wächst der Schuldenberg um rund zwölf Millionen Euro auf ein nie dagewesenes Niveau.
Nicht, weil Bernau prasst. Nein: „Wir kriegen vom Bund Aufgaben aufgedrückt, deren Kosten wir dann stemmen müssen“, so Irene Biebl-Daiber. Teuerstes Beispiel: Die Grundschule aus den 1960er Jahren muss fit gemacht werden für die vom Bund vorgeschriebene Ganztagsbetreuung aller Grundschüler. Alles in allem werden Umbau und Erweiterung rund 24 Millionen Euro kosten, etwa zehn Millionen kommen als Fördermittel wieder herein. Das heißt: Die Gemeinde muss etwa 14 Millionen aufbringen. Das geht nicht ohne Kredite.
Mehr zum ThemaMathe und Deutsch im „Lern-Wohnzimmer“: Schule der Zukunft entsteht in WasserburgDer Haushalt 2025 kommt ohne neue Kredite aus. Er ist mit 28,5 Millionen Euro etwa drei Millionen Euro stärker als der des Vorjahres und umfasst im Verwaltungshaushalt gut 20 Millionen Euro für die laufenden Einnahmen und Ausgaben sowie im Vermögenshaushalt rund 8,1 Millionen für Investitionen der Gemeinde.
Zwar sei Kämmerer Patrick Greilinger in den letzten Wochen kaum noch im Rathaus zu sehen gewesen, weil er ausschließlich am Haushalt saß, aber so sei ein ausgeglichener Haushalt entstanden. Und das sei zunächst nicht sicher gewesen. „Der Kämmerer legt den Haushalt immer sehr konservativ an – was ich in diesem Fall sehr positiv finde“, sagte Biebl-Daiber amüsiert.
Einige Großprojekte sind bereits in verschiedenen Stadien der Umsetzung: Das Strandbad in Bernau-Felden ist nahezu fertig, 870.000 Euro hat Greilinger heuer für den Neubau des Kiosks angesetzt. Das Haus des Gastes nebst Gemeindebibliothek ist komplett entkernt, der Wiederaufbau hat schon begonnen. 2,4 Millionen Euro sind in diesem Jahr voraussichtlich für die verschiedenen Arbeiten zu bezahlen. Und bei Umbau und Erweiterung der Grundschule hat der Kämmerer für 2025 aktuell 700.000 Euro für die Planung und Projektsteuerung vorgesehen. Die gleiche Summe gibt die Gemeinde für ihre Feuerwehren aus. Zwei bereit 2023 bestellte Fahrzeuge für die Wehren Bernau und Hittenkirchen schlagen heuer mit jeweils 350.000 Euro zu Buche, 200.000 Euro hat Greilinger als Planungskosten für die Erweiterung der Bernauer Feuerwehr eingeplant.
Mehr zum ThemaMehrere Autos auf A8 zusammengeprallt: Sportwagen-Fahrer auf der FluchtDie 8,1 Millionen im Vermögenshaushalt kommen aus fünf verschiedenen Quellen: knapp 3,4 Millionen werden aus der allgemeinen Rücklage der Gemeinde entnommen. Diese sinkt damit von gut 9,35 auf rund 5,9 Millionen Euro. Drei Millionen werden via Kredit finanziert. Matthias Vieweger (CSU) fragte nach, warum hier Kreditermächtigungen aus den Jahren 2022 und 2023 herangezogen werden, diese Haushalte seien doch abgeschlossen. Der Kämmerer erläuterte, dass die Gemeinden mittlerweile dazu verpflichtet seien, nicht benötigte Kreditermächtigungen aus Vorjahren bei Bedarf zu ziehen. Greilinger rechnet für dieses Jahr mit Zuschüssen für Investitionen von knapp 1,3 Millionen Euro, über Beiträge und ähnliche Entgelte kommen voraussichtlich 255.000 Euro herein und knapp 200.000 Euro werden vom Verwaltungshaushalt an den Vermögenshaushalt übertragen.
Der Verwaltungshaushalt ist mit seinen 20,3 Millionen Euro um rund eine Million größer als im Vorjahr. Wie in fast allen Gemeinden ist die größte Einnahmequelle auch in Bernau der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer, 4,8 Millionen Euro (2024: 4,5 Millionen) kommen auf diesem Weg herein. Die Gewerbesteuer beträgt rund drei Millionen Euro und damit rund 600.000 Euro mehr als im Vorjahr. Knapp 2,6 Millionen Euro bekommt Bernau an Schlüssel- und anderen Zuweisungen. Die größte Summe entfällt mit gut 7,3 Millionen Euro auf die vielen verschiedenen Einnahmen aus Verwaltung und Betrieb. Dazu gehören Mieten und Pachten für Immobilien der Gemeinde ebenso wie Gebühren für Wasser und Abwasser oder für die Einsätze der Feuerwehren. Kur- und Fremdenverkehrsbeiträge summieren sich in Bernau auf knapp 1,3 Millionen Euro, dürfen aber nur zweckgebunden für touristische Einrichtungen ausgegeben werden. Zum Beispiel für Kurverwaltung und Kurpark, Loipe, Wanderwege, Bänke, Liegewiesen sowie Hallen- und Freibad.
Ein Drittel der laufenden Ausgaben, knapp 6,7 Millionen Euro, gibt Greilinger für den Grundstücksunterhalt sowie den sächlichen Verwaltungs- und Betriebsaufwand aus. Darin versteckt sich der neue Besen für den Bauhof genauso wie sämtliche Versicherungen der Gemeinde, der Betrieb der Schwimmbäder oder der Unterhalt der Gemeindestraßen. Knapp 5,2 Millionen Euro fallen für Personalausgaben an. Josef Genghammer (Grüne) stellte die Frage in den Raum, ob Bernau wirklich so viel Personal brauche. Er führte als Beispiel den „Kommunenfunk“ an, die Pressemitteilungen des Rathauses. Für die sorgen beizeiten auch die Feuerwehr oder die Bürgermeisterin und die zuständige Mitarbeiterin im Rathaus kümmert sich zudem um die Verwaltung der Kindertagesstätten. Gut 4,5 Millionen Euro überweist der Kämmerer heuer als Kreisumlage nach Rosenheim. Eine Million mehr als noch vor vier Jahren. „Das heißt aber auch, dass Bernaus Steuerkraft stetig steigt“, blickte Greilinger auf die Kehrseite der Medaille.
Mehr zum ThemaEggstätt geht das Geld aus: Was das für Bürger bedeutet – Gemeinde spielt letzten „Joker“ ausEinzig Genghammer hatte zum Haushalt einige Anmerkungen. Der Kämmerer habe aus der finanziellen Situation der Gemeinde das Beste gemacht, soweit es seine politischen Vorgaben eben zugelassen hätten. An denen habe es aber gefehlt. Was Irene Biebl-Daiber konterte: Die politischen Vorgaben mache der Gemeinderat und der sei sich meist mit überwältigender Mehrheit einig, „oft waren nur Sie dagegen.“ Neben den Großprojekten Haus des Gastes und Strandbad kritisierte Genghammer auch, dass der Parkplatz an der Kastanienallee erweitert werden soll. Das sei dringend nötig, befand die Bürgermeisterin, denn diesen Parkplatz teilen sich die Mitarbeiter des Rathauses mit denen der umliegenden Geschäfte, Restaurants und Praxen sowie den Patienten, Kunden und den Bürgern, die im Rathaus etwas zu erledigen haben. Den von Genghammer vorgeschlagenen gebührenpflichtigen Parkplatz am Bahnhof saß sie ebenfalls kritisch. Zu groß ist für ihre Begriffe die Gefahr, dass die Bahnreisenden dann ihre Autos in den umliegenden Straßen vor den Türen der Anwohner abstellen.
Das eingesparte oder eingenommene Geld könne für sinnvollere Projekte eingesetzt werden, war Genghammer überzeugt und führte neben diversen Natur- und Klimaschutzprojekten unter anderem einen Spielplatz im Eichet an. Den fände die Bürgermeisterin, Mutter zweier kleiner Buben und wohnhaft im Eichet, auch gut, „aber wir haben kein Grundstück. Wenn Sie eines für uns haben – bitte her damit!“
Angesichts der vielen anderen Punkte von Genghammers Liste platzte Thomas Herian (BL) der Kragen: „Wir haben den Haushalt im Finanzausschuss gründlich vorberaten und waren uns weitestgehend einig. Wenn er jetzt wieder aufgerissen wird, können wir uns den Ausschuss auch sparen.“ Er wurde nicht wieder aufgerissen, sondern gegen die Stimme Genghammers verabschiedet.
Mehr zum Thema„Waschbrett“: Vollsperrung von Bernaus Lebensader: Warum, wann, wie lange und was offen bleibtSkip the extension — just come straight here.
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