Stand: 13.05.2025, 11:10 Uhr
Von: M. Cihad Kökten
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Mitten in der Nacht, heimlich und mit viel Herzblut: In Freilassing wurde das Ortsschild kurzerhand ausgetauscht – doch was wie ein Schild-Streich aussieht, steckt voller Emotion. Wer dahintersteckt und was sie damit bezwecken wollen.
Freilassing – Montagmorgen (12. Mai), kurz nach Sonnenaufgang: Pendler reiben sich die Augen. Wer in Richtung Bahnhof in die Stadt Freilassing einfährt, entdeckt plötzlich ein neues Ortsschild – nicht offiziell, aber mit viel Herzblut gemacht. Der Schriftzug in dicken Lettern: „ESV Freilassing – Albert Deiters Jungs haben es geschafft. Wir bleiben in der Landesliga!“ Eine nächtliche Guerilla-Aktion von drei Fans, die ihrem Team auf ganz besondere Weise danken wollten – still, schnell und kreativ. Ein Statement in Pappe und Klemme, kein Schaden, keine Farbe, keine Zerstörung.
„Uns war wichtig, dass nichts kaputtgeht. Schmierereien oder Überkleben – das ist nicht unser Stil“, so einer der Beteiligten. Der Zeitpunkt der Aktion war bewusst gewählt: Sonntag (11. Mai) auf Montag (12. Mai), damit möglichst viele frühmorgens die Botschaft lesen. Zwei hielten Schmiere, einer befestigte das Schild. Danach verschwanden sie in der Dunkelheit – unerkannt. Zumindest fast. „Es kennt mich eh jeder beim Fußball“, sagt einer der Fans lachend – ohne offiziell genannt werden zu wollen.
Was nach Spaß aussieht, hat einen ernsten Hintergrund: Der ESV Freilassing hat eine nervenaufreibende Saison hinter sich. Zwischen Euphorie und Existenzkampf. Ein starker Start, dann eine Schwächephase, zwischenzeitlich fand sich der Landesliga-Neuling nach dem souveränen Aufstieg im Abstiegskampf wieder. Vor Saisonbeginn wurde der Verein mit einer Anzeige konfrontiert und zuletzt forderte ein Fan gar den Eintritt zurück. Und doch: Der Kader kämpfte sich zurück – getragen von einer wachsenden Fanbasis, die Auswärtsfahrten organisierte, lautstark unterstützte und immer wieder aufrüttelte.
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Für die Fans war klar: Dieser Moment verdient mehr als Applaus auf dem Platz. „Wir wollten Danke sagen – für den Einsatz, für die Moral, für die Leidenschaft. Und wir wollten, dass das auch gesehen wird.“ Die Idee mit dem Ortsschild sei in einem lockeren Gespräch entstanden – dann wurde sie schnell umgesetzt. Ohne großes Aufsehen, aber mit maximaler Wirkung. Die Resonanz? Positiv. Sogar Menschen, die mit Fußball nichts am Hut haben, reagierten mit Daumen nach oben. Ein Passant schoss ein Foto und teilte es in einer WhatsApp-Gruppe. Die Botschaft verbreitete sich schnell. Genau das war das Ziel: „Dass es bei der Mannschaft ankommt und sie sieht, was sie uns bedeutet.“
Die Fans hoffen nun, dass ihre Botschaft auch wirklich bei der Mannschaft ankommt. „Das ist der eigentliche Wunsch“, so einer der Beteiligten. Die Saison des ESV war kein Selbstläufer. Es war eine Geschichte von Aufbruch, Rückschlägen und Zusammenhalt. Dass sie am Ende mit dem Verbleib in der Landesliga endet, ist nicht nur sportlich ein Erfolg – es ist auch ein Beweis, wie stark der Rückhalt in der Stadt ist. Nicht mit Pyro und Randale, sondern mit Schweiß, Stimme – und Humor. Und so steht es für ein paar Tage am Ortseingang geschrieben, was viele in Freilassing denken: „Albert Deiters Jungs haben es geschafft.“ (mck)
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