Kampfbrigade in Litauen: Deutschland verlässt endlich seine Komfortzone


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Key Development: German Combat Brigade in Lithuania

Germany is deploying a 5,000-strong combat brigade to Lithuania, signifying a major change in its security policy. This move, witnessed by Chancellor Friedrich Merz, demonstrates a commitment to NATO's eastern flank and counters Russian aggression.

Shifting Paradigms

This action represents a paradigm shift for German foreign policy, moving from a primarily defensive stance to active military involvement in the region. This is driven by both a sense of alliance duty and Germany's self-interest in protecting its security against potential threats from Russia.

Historical Context

The article highlights the historical significance of the event, drawing parallels between the current deployment and Germany's past actions in Lithuania. It emphasizes that today's deployment represents a partnership based on shared interests, in contrast to past occupation.

Public Opinion and Future Implications

The stationing of the German soldiers is met with overwhelming approval from the Lithuanian public (over 80% support). However, the article also notes the crucial decision that Germany and its parliament must make regarding the use of this brigade in case of war, indicating the high stakes involved and the potential for future conflict.

The deployment marks a significant move away from Germany's previous reluctance to take on such significant military responsibilities. It shows a willingness to confront the realities of Russian foreign policy and commit to deterring further aggression.

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Kampfbrigade in Litauen: Deutschland meint es wirklich ernst. Das wurde Zeit

Im Beisein von Bundeskanzler Friedrich Merz wird heute in der litauischen Hauptstadt Vilnius ein 5000 Soldaten starker Bundeswehr-Verband aufgestellt. Damit verlässt Deutschland endlich seine sicherheitspolitische Komfortzone.

Ein deutscher Schützenpanzer Puma während eines Manövers auf dem Übungsplatz Pabrade in Litauen. Juliane Sonntag / Imago

Am heutigen Donnerstag wird auf dem zentralen Platz in Vilnius ein neues Kapitel deutscher Geschichte geschrieben – nicht mit wehenden Fahnen und schneidigem Stechschritt, sondern mit verbindlichem Ernst. 600 Soldaten der Bundeswehr treten in der litauischen Hauptstadt an, um im Beisein von Bundeskanzler Friedrich Merz und mutmasslich Tausenden Einheimischen die Kampfbrigade 45 in Dienst zu stellen.

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Jahrzehntelang war die deutsche Aussenpolitik vor allem defensiv ausgerichtet – auf dem Papier, im Ton, in der Haltung. Deutschland wollte Partner sein, aber ohne Stahlhelm und Panzer. Nachdem Russlands Machthaber Wladimir Putin 2014 die Krim annektiert und im Donbass Krieg führen lassen hatte, brach die Bundesrepublik mit ihrer Haltung, nie wieder Truppen nach Osteuropa zu schicken. Sie entsandte einige hundert Soldaten als «Stolperdraht» nach Litauen.

Nun aber wird in Vilnius eine ständig einsatzbereite, «kriegstüchtige» Brigade mit 5000 Soldaten aufgestellt. Es ist der Bedeutung dieses Ereignisses angemessen, dass dazu nicht allein der Verteidigungsminister, sondern auch der deutsche Regierungschef nach Litauen reist.

Es wäre zu wünschen, dass Merz zu diesem historischen Anlass nicht nur ein paar freundliche, unverbindliche Worte findet. Vielmehr sollte er die Gelegenheit nutzen, um eine sicherheitspolitische Grundsatzrede zu halten. Die Verteidigung der Nato-Ostflanke ist neben dem Schutz des eigenen Landes derzeit die wichtigste Priorität deutscher Sicherheitspolitik.

Bündnistreue und Eigeninteresse

Was sich heute in Vilnius vollzieht, ist ein Paradigmenwechsel. Deutschland übernimmt Verantwortung – militärisch, operativ, dauerhaft. Das tut es nicht aufgrund von Grossmachtambitionen wie einst in der Region, sondern aus Bündnistreue und Eigeninteresse.

Der Schutz des Baltikums vor den imperialen Gelüsten Russlands dient Deutschlands Sicherheit. Wenn die Nato das Baltikum im Stich liesse, wäre sie obsolet. Und wenn die Allianz ihre Abschreckungskraft verlöre, würde Europa zum machtpolitischen und militärischen Spielball der Autokraten in Moskau und Peking.

Man kann nur hoffen, dass das Merz und seinem Umfeld bewusst ist und nicht dieselben Fehler gemacht werden wie in den Jahren seit dem Aufstieg Wladimir Putins. Einen Präsidenten, der einen fürchterlichen Krieg führt und den Westen als Gegner betrachtet, kann man nicht mit Handel und Gaspipelines einhegen. Es scheint in CDU, CSU und SPD aber immer noch Leute zu geben, die genau das glauben. In Litauen und anderswo im Baltikum wird das irritiert und besorgt beobachtet.

Historische Schatten

Wer die Dimension des heutigen Ereignisses in Vilnius verstehen will, muss die Schatten kennen, die es überstrahlt. 1941 kamen Deutsche mit Stiefeln und Stahl, nicht mit Schutz und Solidarität. Heute ist die Situation eine andere.

Was einst Fremdherrschaft war, ist nun Beistand. 80 Jahre nach der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus stehen heute neben den Soldaten auch deutsche Kampf- und Schützenpanzer, Artilleriegeschütze und andere Waffen auf dem zentralen Platz Litauens. Eine Symbolik, die man schnell historisch überladen kann, die vor allem aber eines zeigt: Aus Gegnern sind Partner mit gleichen Interessen geworden.

Die hohe Zustimmung der litauischen Bevölkerung zur Stationierung der deutschen Soldaten ist dabei mehr als eine Umfragezahl. Mehr als 80 Prozent der Einwohner unterstützen die dauerhafte Präsenz. Das ist ein Vertrauensbeweis. Und eine Verpflichtung.

Schicksalhafte Tragweite

Doch es ist das eine, 5000 Soldaten einer Kampfbrigade ausserhalb Deutschlands zu stationieren. Das andere ist, sie im Kriegsfall auch einsetzen zu wollen. Es sind die Regierung von Merz und der Bundestag, die eine so schwierige Entscheidung von schicksalhafter Tragweite treffen müssten. Putin und sein Umfeld, das steht jedenfalls zu befürchten, werden möglicherweise schon bald das Beistandsversprechen der Nato testen.

Deutschland steht mit der Brigade nun an vorderster Front. Wer das als Provokation empfindet, ignoriert die Realität der russischen Politik der vergangenen Jahre. Georgien, Krim, Donbass und Bachmut – das sind nicht nur geografische Verortungen, sondern von Russland überfallene Gebiete.

Deutschland galt in der westlichen Sicherheitspolitik lange Zeit als verzagter, unzuverlässiger Kantonist. Es musste ein Krieg in Europa ausbrechen und Donald Trump Präsident in den USA werden, damit das Land beginnt, seiner Rolle in Europa gerecht zu werden.

Die Bundesrepublik, das zeigt das heutige Ereignis, hat offensichtlich verstanden, dass Friedensverheissung ohne Abschreckung ein leeres Versprechen bleibt. Manchmal zögert sie noch, hadert mit ihrer neuen Verantwortung in Europa. Aber sie kneift nicht mehr.

Deutschland verlässt die sicherheitspolitische Komfortzone und meint es wirklich ernst. Das wurde Zeit.

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