Der Konkursverwalter enthüllt finanzielle Missstände bei der bankrotten Norwegen-Fähre HNL. Fehlendes Startkapital und logistische Probleme führten zur Pleite. Hat Emden also Glück gehabt?
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Emden/Groningen - Es kam, wie es kommen musste. Oder: Die Pleite war vorprogrammiert. So oder so ähnlich könnte man den Report des niederländischen Konkursverwalters Hans Silvius zur Pleite der Fährverbindung Eemshaven-Kristiansand im Sommer 2023 überschreiben, über den niederländische Medien gerade berichten. Danach hatte die drei Jahre zuvor eigens für die Fährverbindung gegründete Reederei Holland Norway Lines (HNL) eigentlich von Anfang an keine wirkliche Chance, zu überleben. Und doch haben die HNL-Verantwortlichen es gewagt – und sind gescheitert.
Kernproblem – und das ist bei einem Konkurs eigentlich keine große Überraschung – war laut Konkursverwalter auch in diesem Fall das Geld. Genauer: das nicht vorhandene Geld. Laut Silvius-Bericht, über den das Dagblad van het Noorden berichtet, wären wohl mindestens 20 Millionen Euro Startkapital notwendig gewesen, um die durchaus attraktiv erscheinende Fährverbindung zwischen den Niederlanden und Norwegen erfolgreich ins Rennen zu schicken. Tatsächlich sollen anfangs aber nur 5,8 Millionen Euro zur Verfügung gestanden haben. HNL habe somit praktisch kein Startkapital gehabt und musste das Unternehmen von Monat zu Monat finanzieren. Es habe keinen Puffer gegeben, zitiert das Dagblad den Insolvenzverwalter.
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Ein weiteres Hindernis für eine erfolgreiche Fährverbindung war der Liegeplatz in Eemshaven. Wie auch diese Redaktion bereits in den ersten Wochen der Fährlinie berichtete, hatte die HNL von Beginn an keinen eigenen festen Liegeplatz in Eemshaven. Zwar wurde damals bereits von Plänen für einen späteren Bau einer eigenen Kaje gesprochen, angesichts der jetzt noch einmal bestätigten finanziellen Situation der Start-up-Reederei war das wohl ziemlich utopisch. Die Folge war, dass HNL immer wieder auf den Hafenbetreiber Groningen Seaports angewiesen war. In den Monaten vor dem eigentlichen Aus der Fährverbindung wurde darüber in den Niederlanden immer häufiger öffentlich spekuliert: Woher soll für eine eigene Kaianlage nur das Geld kommen?
Die Norwegen-Fähre „Romantika“ hatte also eine Anlegeerlaubnis in Eemshaven, aber nur so lange, bis ein anderes großes Schiff den Liegeplatz braucht. Groningen Seaports hatte die Priorität vorab vor allem auf Flüssiggas-Tanker und auf die Offshore-Verladung gelegt, weniger auf ein Passagierschiff. Laut Dagblad musste die „Romantika“ deshalb mehrfach auf See auf einen Liegeplatz warten oder Fahrten gleich ganz ausfallen lassen.
Diese Probleme waren letztlich auch der Grund dafür, dass die HNL erst kurz nach Cuxhaven, dann vor allem nach Emden ausgewichen ist – sehr zur Freude der Emder Hafenwirtschaft und von Oberbürgermeister Tim Kruithoff (parteilos). Der setzte dann auch alle Hebel in Bewegung, um in kürzester Zeit alles Notwendige für die Fähre und deren Passagiere vorbereiten zu lassen. Auch der Reederei-Chef wurde mit Begeisterung und heimlicher Hoffnung in Emden empfangen. Kurze Zeit später gab es die Reederei nicht mehr.
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Das hatte wohl auch damit zu tun, dass sich ein zweites Standbein für die Norwegen-Verbindung ebenfalls recht schnell in Luft aufgelöst hatte: der Lkw-Verkehr. Das Problem: Im Sommer war auf der „Romantika“ wegen der Fahrzeuge der Touristen gar nicht ausreichend Platz für Lastwagen, im Winter wollten die Fuhrunternehmen dann auch nicht mehr. Der Insolvenzverwalter kommt lauf Dagblad noch zu einem anderen Grund für das Scheitern der Fährverbindung: Die in Tallinn (Estland) gecharterte „Romantika“ war im Grunde gar nicht geeignet. Sie war viel zu groß, um wirtschaftlich zu sein.
Inzwischen wird in den Niederlanden über eine neue Verbindung diskutiert. Wieder nach Norwegen. Diesmal ist es eine andere Reederei, die offenbar ernsthaft überlegt.
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