Rosenheim: Kokain und Fentanyl โ€“ So groรŸ ist das Drogenproblem in der Region


A significant increase in cocaine cases in Rosenheim, Germany, is prompting concerns about the drug problem's extent and the role of factors such as open borders and online drug markets.
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Immer mehr Kokain: So groß ist das Drogenproblem in Rosenheim

Stand: 12.05.2025, 09:21 Uhr

Von: Patricia Huber

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LKA.jpg © IMAGO/Bihlmayerfotografie /BLKA

Drogenparadies Deutschland? Dafür ist die Bundesrepublik nicht gerade bekannt. Dennoch wird das Land derzeit von Kokain nahezu überschwemmt. Auch Rosenheim ist betroffen. Warum das so ist, erklärt LKA-Drogen-Dezernats-Leiter Markus Neueder im exklusiven OVB-Interview.

Rosenheim/München – Deutschland wird von Kokain überschwemmt. Das zeigen die Zahlen der Polizei. Und auch Stadt und Landkreis Rosenheim bleiben von der Drogen-Schwemme nicht verschont. In der Stadt haben sich die Kokain-Fälle nach Zahlen des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd von 2020 bis 2023 vervierfacht (2020: 17; 2023: 68). Ähnlich extrem sieht die Entwicklung im Landkreis aus (2020: 50; 2023: 159). Woran das liegt, welche Rolle Fentanyl und der Drogenhandel im Internet in Deutschland spielen und wie wichtig die Kontrollen an der Grenze zu Österreich sind, erklärt Markus Neueder, Leiter des Drogen-Dezernats beim Landeskriminalamt Bayern, im exklusiven OVB-Interview.

Koks-Fälle in Rosenheim werden mehr: „Massiv von Kokain überschwemmt“

In Stadt und Landkreis Rosenheim haben sich die Fälle von Kokain seit 2020 teils mehr als verdoppelt. Sind wir ein Hotspot, oder ist das überall zu beobachten?

Markus Neueder: Ganz Mitteleuropa wird seit drei, vier Jahren massiv von Kokain überschwemmt. Der Kokain-Markt in Nordamerika ist komplett übersättigt, dadurch hat ein massiver Preisverfall stattgefunden. Die Kartelle agieren ähnlich wie Wirtschaftsunternehmen, die dann einen neuen lukrativen Konsumentenkreis erschließen wollen. Und leider haben sie den in Europa gefunden.

Ist es so leicht, in Europa Drogen zu verkaufen?

Neueder: Unsere offenen Grenzen und die Art und Weise der stark unterschiedlichen Sicherheitsphilosophien, die die Länder innerhalb der EU verfolgen, sind für solche Banden, die absolut international und professionell agieren, auf eine bestimmte Art dankbar.

Ist Kokain inzwischen „gesellschaftsfähiger“ geworden, oder wieso ist der Markt in Europa so groß?

Neueder: Ich glaube, es sind mehrere Aspekte. Die gesellschaftliche Prägung, solche Dinge auszuprobieren, ist stärker vorhanden. Die Menschen probieren es aus, vermeintlich verhelfen manche Rauschgifte zur Verdrängung von Alltagsdruck oder Sorgen, Kokain gilt auch nicht mehr als die „Schickimicki-Droge” von früher. Obwohl das hier verkaufte Kokain einen hohen Wirkstoffgehalt hat, sinken allmählich die Preise. Das ist eine Art Alarmsystem, denn das bedeutet, dass auch hier der Markt langsam gesättigt ist, leider trotz aller unserer Anstrengungen und Bemühungen. 

„Wirklich unglückliche Teillegalisierung von Cannabis“

Hatte auch die Cannabis-Legalisierung Auswirkungen darauf?

Neueder: Aus unserer Sicht scheint dadurch jedenfalls die Hemmschwelle gegenüber Drogen insgesamt gesunken zu sein. Dabei ist wichtig zu wissen, dass der Handel mit Cannabis sowie an vielen Örtlichkeiten auch der Konsum weiterhin verboten sind. Die erlaubten Freimengen sind viel zu hoch, es ist ein deutlicher Mehraufwand für die Behörden eingetreten, keine Erleichterung. Diese wirklich unglückliche Teillegalisierung von Cannabis verharmlost zudem die hohen gesundheitlichen Risiken, auch bei Cannabis sind die Wirkstoffgehälter förmlich explodiert. Der angeblich durch die Gesetzgebung gewährleistete Gesundheits- und besonders Jugendschutz mutet geradezu lachhaft an. 

Welche Rolle spielt denn das Internet beim Drogenkauf? Serien wie etwa „How to sell drugs online fast“ lassen vermuten, dass man Kokain, Ecstasy und Co. inzwischen wie Klamotten shoppen kann.

Neueder: Wir stellen fest, dass sich besonders seit Corona vieles ins Internet verlagert hat. Und dadurch wurde es auch für junge Leute einfach, sich etwas zu bestellen. Daher haben wir vor zwei Jahren den Fachbereich “FARO” für den Rauschgifthandel Online gegründet. Wir haben dort IT-Spezialisten, Analysten, studierte Wirtschaftskräfte und erfahrene Ermittler, die gemeinsam konkret am Fall arbeiten. FARO feiert wirklich tolle Erfolge. Erst kürzlich konnten in Nordbayern 50 Kilo Rauschgift aufgegriffen werden, regelmäßig identifizieren wir große sog. „Vendoren“ und nehmen die Organisatoren aber auch die Kunden fest, die das Internet für den Rauschgifthandel bzw. -erwerb nutzen. Klar ist: Das Internet ist nie wirklich anonym. Auch das Darknet nicht. 

Markus Neueder, Leiter des Drogen-Dezernats beim bayerischen Landeskriminalamt. © LKA

Wägen sich viele Täter in falscher Sicherheit?

Neueder: Wir nehmen schon immer wieder Überraschung wahr, wenn wir dann mit unseren Einsatzkommandos vor der Tür stehen. Weder im Clear- noch im Darknet ist man vor Strafverfolgung sicher. Wir werden immer besser, auch die Zusammenarbeit mit den großen internationalen Internet-Playern spielt hier eine wichtige Rolle. 

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Zudem kann das Geschäft ja nicht dauerhaft im Internet bleiben. Irgendwann muss die Ware ja auch zum Kunden.

Neueder: Ja, das ist unser Vorteil beim Rauschgifthandel. 

Über welche Grenzen gelangt das Kokain nach Deutschland?

Neueder: Inzwischen haben sich die großen Nordsee-Häfen verbündet, sind gegen Korruption vorgegangen und haben ihre Sicherheitssysteme verbessert. Jetzt greifen die Rauschgiftschmuggler auf die kleineren Häfen unter anderem in Spanien oder Portugal zurück. Es kommen sogar teils Lieferungen aus dem Osten, aus Polen, Lettland, Litauen und Estland. Die Kuriere erschließen sich flexibel neue Wege und nutzen die offenen Grenzen in Europa aus. 

Welche Rolle spielt Fentanyl hierzulande? In den USA sorgt die Droge ja für massenhaft Todesfälle…

Neueder: Wir beobachten die Situation mit Fentanyl besonders genau. Es gibt zwar vereinzelte Fälle, in denen Heroin mit Fentanyl gestreckt ist, aber das ist Gott sei Dank in Bayern noch die absolute Ausnahme. Die Bayerische Polizei hat 2024 zudem mehr Heroin beschlagnahmt, als im Jahr zuvor,  auch die Todesfälle gehen in Bayern konsequent zurück. Unsere polizeilichen Konzepte zeigen also Wirkung. 

Die Zahl der Kokain-Fälle in Stadt und Landkreis Rosenheim ist in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. © IMAGO/Bihlmayerfotografie

Kokain und Co.: 257 Rauschgift-Tote 2024 in Bayern

Wie viele Rauschgift-Todesfälle gab es im vergangenen Jahr in Bayern?

Neueder: Bedauerlicherweise waren es 257. Jeder Fall ist einer zu viel. Aber: Im Vergleich zu anderen Bundesländern geht die Tendenz in die richtige Richtung. Über die Jahre ist die Zahl der Fälle gesunken. Und man darf nicht vergessen: Jedes einzelne Rauchgiftschicksal ist bedauerlich für Betroffene, Familie und Freunde. Dazu kommt aber noch, dass etwa 30 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen insbesondere im Betäubungsmittel-Konsumbereich 25 Jahre oder jünger sind. Das zieht einen immensen Rattenschwanz für unsere Gesellschaft, unsere öffentliche Sicherheit und zum Beispiel die Gesundheits- und Sozialsysteme nach sich, der noch gar nicht wirklich absehbar ist.  

Wie wichtig sind auch die Kontrollen hier in der Region, um den Drogenhandel einzubremsen?

Neueder: Die Kontrollen sind elementar. Der enge Austausch und die fortlaufende Sensibilisierung der Fahndungs- und Streifendienste sind zudem zwei der wichtigsten Dinge. Besonders die Kollegen auf der Autobahn und im grenznahen Bereich müssen eine hohe Sensibilität für Schmuggelfahrzeuge und relevante Personen haben und den Kontrolldruck aufrechterhalten.

Wie erkennt denn der Beamte an der Grenze einen Drogenschmuggler? Tendenziell ist das wahrscheinlich nicht der Familienvater mit drei Kindern im Auto.

Neueder: Ja, Sie haben es ja nun selbst schon ein wenig abgegrenzt, die Erfahrung und das aktuelle Know-How der Kollegen spielen hier die entscheidende Rolle. Die Rauschgiftschmuggler geben sich große Mühe und passen ihre Transportarten und -wege immer wieder an, das stellt uns vor große Herausforderungen. Wir haben einen hohen Anteil an nichtdeutschen Tatverdächtigen, da die Schmuggler in der Regel Tag und Nacht quer durch ganz Europa, zum Beispiel zwischen den Niederlanden und dem Balkan oder im europäischen Westen bis Portugal und Spanien unterwegs sind.

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