Trumps Zollmoratorium treibt Aktien nicht nur an der Wall Street in die Höhe. Doch Experten in Japan sehen noch keine grundsätzliche Trendwende – aus Sorge in Bezug auf Unsicherheit und einen Finanzkrieg zwischen den USA und China.
Das von US-Präsident Donald Trump verhängte Teilmoratorium für Zölle hat in Asien zu einer Zweiteilung der Aktienmärkte zwischen China und anderen Ländern geführt. Trump hatte für Länder, die sich nicht gegen seine Zölle wehren, die länderspezifischen Zölle für 90 Tage auf einen Basiszoll von 10 Prozent gesenkt.
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Daraufhin stiegen die Kurse in Japan und Südkorea wie zuvor an der Wall Street drastisch an. Der japanische Nikkei-225-Index kletterte bis zur Mittagspause um 8,3 Prozent auf 34 353 Punkte, der südkoreanische Kospi um 5,3 Prozent, der Straits-Times-Index in Singapur zeitweise um mehr als 6 Prozent.
Lediglich der chinesische Shanghai-Composite-Index (SCI 300) verbesserte sich nur leicht um 1,8 Prozent. Denn im eskalierenden Handelskrieg mit dem Reich der Mitte erhöhte Trump als Strafe für chinesische Gegenzölle die Abgaben auf chinesische Produkte von 104 auf 125 Prozent.
Experten in Japan warnen jedoch davor, in der Kursjagd bereits eine Trendwende an den westlichen Aktienmärkten zu sehen. Martin Schulz, Volkswirt beim Technologiekonzern Fujitsu, sagt: «Die Erholung ist nicht nachhaltig, denn die Unsicherheit bleibt.» Niemand wisse, was die Trump-Regierung wirklich wolle und was in drei Monaten passiere, wenn Trumps vorübergehende Aussetzung der Zölle auslaufe.
Auch in China verstärkt Trumps Zollerhöhung die Sorge bezüglich einer Eskalation im Kampf der Grossmächte: Ke Long, China-Experte am Institut für politische Studien der Tokyo Foundation, meint warnend: «Die Sorge ist, dass die USA und China ihre Konfrontation von einem Zollkrieg zu einem Finanzkrieg ausweiten werden.»
Erste Anzeichen gibt es bereits. In den USA sind nicht nur die Aktienkurse gefallen, sondern auch die Kurse von US-Anleihen. Normalerweise steigen Anleihen, weil Anleger aus riskanteren Aktien in vermeintlich sichere Anleihen flüchten und die höhere Nachfrage deren Kurse steigen lässt.
Wie das mit den Anleiheverkäufen Chinas zusammenhänge, die einen grossen Teil der US-Schulden hielten, sei noch unklar, meint Jesper Koll, Expert-Director bei der japanischen Finanzgruppe Monex. Für ihn zeigt es aber auch ein Problem, das Trumps Kehrtwende in der Zollpolitik offenbart hat: Willkür im Zentrum amerikanischer Macht. Auch er hält die Erholung an den Märkten nicht für nachhaltig. «Im Gegenteil», urteilt der in Japan bekannte Investmentberater. «Strukturell hat sich nichts geändert, wir haben nur den Beweis erhalten, dass in den USA alles von der Willkür des Königs im Weissen Haus abhängt.»
Auch die Angst vor einer Rezession in den USA ist keineswegs gebannt. Die Zölle auf Autos sowie Stahl und Aluminium sind bereits eine Last für amerikanische Unternehmen, nun verteuern sich auch Einfuhren aus China dramatisch, während Firmen wegen der hohen Unsicherheit Entscheidungen über Investitionen zurückstellen.
Viel werde nun davon abhängen, welche Abkommen die von Trumps Zollmoratorium betroffenen Länder in den kommenden drei Monaten mit den USA schlössen, meint Koll. «Japan wird hier zum Gradmesser werden.»
Das Land ist der engste Verbündete Amerikas und der grösste Investor in den USA und hat sich diese Woche auf den Beginn von Verhandlungen geeinigt. Der amerikanische Finanzminister Scott Bessent sagte diese Woche sogar, dass Japan Priorität habe. Nun wird die Welt sehen, was das in der Trump-Welt konkret bedeutet. «Die Frage ist, ob es zu einem konstruktiven Modell kommt, das Berechenbarkeit schafft, oder nicht», sagt Koll.
Sollte es Japan gelingen, seinen länderspezifischen Zoll von derzeit 24 Prozent auf den 10-prozentigen Basiszoll zu senken, wäre der Schock für die japanische Wirtschaft gering, meint der Ökonom Schulz, vor allem, wenn Trump einen einheitlichen Basiszoll für alle Länder ausser China erheben sollte. «Das wäre wie eine Umsatzsteuer, die nur die Produkte verteuern würde.»
Von dieser Hoffnung profitierten am Donnerstag gerade Aktien von japanischen Technologieunternehmen überdurchschnittlich. Der Chipkonzern Renesas Electronics legte am Vormittag um 14,8 Prozent zu, der Technologiekonzern Hitachi um 13,8 Prozent, Sony um 12,9 Prozent und der Komponentenhersteller Keyence um 12 Prozent.
Unterdurchschnittlich gewannen dagegen die Aktien der Autohersteller Toyota und Honda an Wert, die immer noch unter Trumps 25-Prozent-Zoll auf Autos leiden und von einer US-Rezession stärker betroffen wären.
In China reagierten die Anleger vorsichtiger. Auch Chinas Aktien legten am Donnerstag zu: Der Hang-Seng-Index, der die wichtigsten Werte der Börse Hongkong abbildet und den globalen Marktbewegungen stärker folgt, stieg bis zum Vormittag Ortszeit um mehr als 2,4 Prozent. Der CSI 300 legte im gleichen Zeitraum nur um knapp mehr als 1 Prozent zu. Denn Peking hatte gelobt, «bis zum Ende» zu kämpfen. Doch Beobachter glauben zum einen, dass viele bereits die Eskalation im Handelskrieg eingepreist hätten und nun sogar auf eine Lösung im Handelskonflikt hoffen würden. Zum anderen hilft die Regierung mit gezielten Programmen zur Stützung der Börse wie der Konjunktur.
In dieser unsicheren Zeit rät der Anlageberater Koll seinen japanischen Kunden, die amerikanische Investorenlegende Warren Buffett zu beobachten. Dieser hatte in den vergangenen Monaten viele US-Aktien verkauft und Bargeld angehäuft, um sich gegen einen Abschwung an der Börse abzusichern. «Der Boden ist erreicht, wenn Buffett wieder in US-Aktien investiert», meint Koll.
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