This article discusses the psychological reasons behind belief in paranormal phenomena. Research suggests that differences in brain activity between believers and skeptics contribute to differing interpretations of events.
The study highlights the role of brain hemispheres, proposing that the right hemisphere's broader associative thinking might be linked to paranormal belief, connecting seemingly unrelated events as meaningful patterns. The left hemisphere, more analytical, focuses on logical cause-and-effect.
Experiments involving magicians and simulations of mediumship demonstrate that even psychology students can be easily convinced by convincing performances, with only a small percentage attributing the events to trickery.
The article emphasizes that pre-existing beliefs and personality traits influence how people interpret events. The need for explanation and sense-making, particularly in times of crisis, can lead to embracing paranormal or religious beliefs for comfort and control.
The article concludes that a predisposition toward belief in the paranormal might be innate, stemming from personality structures and cognitive processes. It also acknowledges the role of culture and personal experiences in shaping belief systems, emphasizing that understanding the reasons behind such beliefs is important and shouldn't be treated with ridicule.
Die Psychologin Christine Mohr erforscht, weshalb manche Menschen an paranormale Phänomene glauben. Ob wir leichtgläubig oder skeptisch sind, habe mit Unterschieden im Gehirn zu tun.
Frau Mohr, es gibt Situationen, da meint man: Das muss Schicksal, FĂĽgung, die Kraft des Karmas gewesen sein. Haben Sie auch manchmal solche Gedanken?
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Nein. Ich denke dann: Was fĂĽr ein Zufall!
Vielen Menschen geht es anders. Was sagen Sie dazu?
Ich fand schon immer interessant, dass manche Leute sehr bereitwillig an übernatürliche Phänomene glauben. Ich war als Kind schon skeptisch. Mein Hintergrund ist traditionell katholisch, und ich habe mich immer gefragt, wie die Leute hoch- und runterkamen, als Moses das Rote Meer geteilt hat. Es ist ja recht tief – haben die Menschen sich wohl abgeseilt?
Felix Imhof
Die Psychologin lehrt und forscht seit 2010 an der Universität Lausanne. Zuvor war sie als Dozentin an der Universität Bristol tätig. Promoviert hat Christine Mohr bei Peter Brugger, bekannt für seine Forschung zu den neurologischen Grundlagen des Glaubens.
Sie sind Wissenschafterin. In Ihrer Forschung befassen Sie sich unter anderem mit der Frage, warum Menschen an paranormale Phänomene glauben. Für einige Experimente haben Sie mit Zauberkünstlern zusammengearbeitet. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Damals war ich Dozentin in England. In der Nähe unserer Forschungseinrichtung gab es einen Pub, den wir gern am Freitagnachmittag besuchten. Dort kam oft ein Magier an die Tische und führte Zaubertricks vor. An einem Abend nahm er einer Freundin unbemerkt die Armbanduhr ab. Erst am Ende der Vorführung hat er die Uhr plötzlich herausgezogen – und die Freundin ist ausgeflippt! Sie sagte, das könne nicht mit rechten Dingen zugehen, sie könne sich nicht vorstellen, dass es nur ein geschickter Taschenspielertrick war. Anscheinend passiert das häufiger: Ich kam mit dem Zauberkünstler ins Gespräch, der sagte, manche Zuschauer würden richtig sauer, weil sie sich den Trick nicht erklären könnten.
Manche Menschen glauben dann, es handle sich tatsächlich um Magie?
Das Erlebnis macht etwas mit den Menschen. Für Zauberkünstler kann das sehr unangenehm sein, die meisten weisen auch explizit darauf hin, dass es sich um Illusionen handle. Aber das heisst natürlich, dass solche Vorführungen im richtigen Kontext und richtig präsentiert als übernatürliche Erlebnisse interpretiert werden können. Menschen glauben dann, dass wirklich Gedankenübertragung im Spiel gewesen sei oder Objekte durch Zauberei im Raum bewegt werden könnten. Also habe ich mir gedacht: Wenn ich Leute im kontrollierten wissenschaftlichen Rahmen solchen Zaubershows aussetze, kann ich messen, warum Menschen das Erlebte als Magie interpretieren?
Wie sahen die Experimente aus?
Zusammen mit meinem Kollegen Gustav Kuhn habe ich einen Zaubertrick konzipiert. Wir haben uns für eine Vorführung mit einem angeblichen Medium entschieden. Wie viel Eindruck diese Art von Darbietung machen kann, sieht man an Videos im Internet. Solche Situationen können hochemotional sein, zum Beispiel wenn jemand verstorben ist, mit dem es ungeklärte Konflikte gab, oder wenn Eltern ein Kind verloren haben.
Der Zauberkünstler in Ihrem Experiment hat also vorgegeben, mit Verstorbenen Kontakt aufnehmen zu können.
Wir haben den Zauberkünstler nicht als solchen eingeführt, sondern als eine Person, die meint, sie habe aussergewöhnliche Fähigkeiten, und diese gern den Anwesenden demonstrieren würde. Das Ganze fand in einem grossen Saal an der Uni statt, etwa 400 Studierende haben an der Studie teilgenommen. Eine Freiwillige wurde auf die Bühne gebeten, und siehe da, der Zauberkünstler erriet einige Dinge über den verstorbenen Vater der Studentin. Sie wurde sehr emotional und war sehr berührt. Der Vater kommunizierte aus dem Jenseits, dass er stolz auf sie sei und dass er sie liebe.
Wie haben die Studierenden reagiert?
Viel emotionaler, als wir erwartet hatten. Es gab unterschiedliche Reaktionen, von Tränen bis zu Freude, Hoffnung oder Wut. Im Anschluss haben wir gefragt: Wie erklärt ihr euch, was ihr gesehen habt? Als Zaubertrick? Denkt ihr, da war etwas Religiöses dabei? Oder würdet ihr es als übersinnliche Fähigkeit des Zauberers erklären? Dass die Freiwillige eine Schauspielerin war und sich mit dem Zauberer abgesprochen haben könnte, kam den Leuten nicht in den Sinn. Nur 8 Prozent von etwa 400 Leuten haben angegeben, dass es ein Zaubertrick war.
Ziemlich wenig fĂĽr einen Raum voller Psychologiestudenten.
Für uns war das ein Aha-Moment. Es lag nicht an den Psychologiestudenten – ich bin sicher, in jedem anderen Kontext wäre es ähnlich abgelaufen. Die Performance war sehr überzeugend. Das heisst aber auch: Wenn Menschen ein Erlebnis so einfach als übernatürlich akzeptieren, ist es kein Wunder, dass viele Leute an solche Phänomene glauben.
Hat es einen Unterschied gemacht, ob die Teilnehmer schon vor dem Experiment an übersinnliche Phänomene geglaubt haben?
Wir haben vorher Fragebögen ausgeteilt. Bei denjenigen, die vorher schon an so etwas geglaubt haben, hat sich der Glaube noch verstärkt. Manche haben sich aber auch überzeugen lassen, dass man mit Verstorbenen kommunizieren könne, ohne vorher daran geglaubt zu haben. Nach dem Experiment haben wir deshalb gesagt: Okay, wir müssen die Forschung ganz anders aufziehen. In Folgestudien haben wir den Teilnehmern vorher erklärt, dass sie etwas Beeindruckendes sehen würden, aber überlegen sollten, welche alternativen Erklärungen es noch gebe – zum Beispiel, dass Zauberkünstler Bluetooth-Geräte verwenden könnten, um ihre Effekt zu erzielen. Bei einigen Versuchen haben wir sogar alles aufgedeckt. Und unsere Schlussfolgerung aus den Studien ist: Man muss den Leuten genau sagen, wie man es gemacht hat.
Andeutungen reichen nicht?
Wenn Menschen etwas mit eigenen Augen gesehen haben, ist es schwierig, sie von etwas anderem zu überzeugen. Wenn etwas so gut in Szene gesetzt ist, geht man emotional mit. Selbst wenn wir den Trick erklärt haben, waren nicht alle überzeugt. Dann hiess es: Hier handelte es sich vielleicht um einen Trick, aber ein echtes Medium könnte Kontakt mit Verstorbenen aufnehmen.
Wie erklären Sie sich das?
Menschen werden ihr Erklärungsmodell für die Welt nicht von heute auf morgen auf den Kopf stellen. Das hat ja auch einen Identitätsfaktor. Es ergibt Sinn, dass man nicht sofort umkrempelt, wie man über die Welt nachdenkt und mit Problemen umgeht. Die Welt wäre sehr chaotisch, wenn jede Person jederzeit ihr Weltbild verändern könnte.
Warum glauben denn manche Menschen ĂĽberhaupt an Ăśbersinnliches?
In der Forschung macht man oft einen Unterschied zwischen denen, die an paranormale Phänomene glauben, und den Skeptikern. Studien haben gezeigt, dass sie unterschiedliche Hirnaktivitäten aufweisen – was wiederum hilft, zu verstehen, warum sich die «Gläubigen» Phänomene anders erklären. Eins der Modelle basiert auf den Unterschieden zwischen der linken und der rechten Gehirnhälfte. Die Grundidee ist, dass die beiden Hemisphären Informationen auf unterschiedliche Weise verarbeiten. Die linke ist eher analytisch und bearbeitet logische Zusammenhänge, die rechte macht breitere Assoziationen.
Können Sie das näher erläutern?
Einfache Assoziationen sind Papa - Mama, Bruder - Schwester, Katze - Hund. Solche Zusammenhänge sind eher der linken Hemisphäre zuzuschreiben. Die rechte Hemisphäre reimt sich weniger offensichtliche Assoziationen zusammen. Zum Beispiel Biene - Brot: von der Biene zum Honig, vom Honig zum Brot. Um ein Erlebnis als paranormal zu erklären, braucht es vielleicht eine etwas stärkere Assoziationsfähigkeit. Sagen wir, eine alte Freundin ruft an, nachdem ich gerade an sie gedacht habe. Das ist einfach nur ein Zufall. Doch für die rechte Hemisphäre gibt es solche Zufälle nicht, sie sieht immer einen Zusammenhang.
Eine Tendenz, an paranormale Ereignisse zu glauben, ist also angeboren?
Ich denke schon. Wir reden ja in der Psychologie auch von Persönlichkeitsstrukturen – einer Präferenz, Informationen zu verarbeiten, die zu bestimmten Verhaltensweisen führen. Solche Verhaltenstendenzen kann man schon bei Kindern beobachten. Die Persönlichkeit macht sich auch dadurch bemerkbar, wie man Reize in der Umgebung wahrnimmt und verarbeitet.
Hat es nicht auch mit Wissen zu tun? Wenn ich die Fakten kenne, kann ich meine Interpretation der Ereignisse doch hinterfragen.
Ich glaube, die Bereitschaft, Ereignisse als zufällig zu akzeptieren, variiert in der Bevölkerung extrem. Bei dem Thema kommt immer wieder die Frage auf, ob Leute, die an Paranormales glauben, weniger intelligent oder weniger gebildet seien. Diese Frage möchte ich gar nicht in den Raum stellen. Generell unterscheiden sich Menschen eher darin, ob sie Argumente schnell akzeptieren oder lange nach Gegenargumenten suchen. Das macht sich ja oft auch bei der Berufswahl bemerkbar.
Inwiefern?
Wir haben eine Studie gemacht mit Rechtsanwälten, Künstlern und Ingenieuren. Die Rechtsanwälte sind fast aus dem Sessel hochgesprungen, als wir ihnen den Fragebogen zu paranormalem Glauben und magischem Denken gegeben haben. Sie fanden allein schon bedrohlich, dass wir ihnen den Fragebogen gegeben haben – als wollten wir sie für verrückt erklären. Diese Reaktion haben wir bei den Künstlern überhaupt nicht erlebt, die Akzeptanz für magisches Denken war dort höher. Wir hatten auch einen Datensatz, der zeigt, dass Anwälte spontan kritischer argumentieren. Ob das der Grund ist, warum sie Jura gewählt haben, oder ob das Jurastudium zu kritischerem Denken führt, kann ich nicht beantworten. Aber: Es gibt unterschiedliche Tendenzen, wie man argumentiert.
Offenbar ist es zumindest in manchen von uns angelegt, an ĂśbernatĂĽrliches zu glauben. Aber warum? Was haben wir davon?
Der Wissenschaftshistoriker Michael Shermer schrieb einmal, wir seien Mustererkennungs-Maschinen. Wenn es draussen knallt und hier drinnen das Licht ausgeht, dann denken wir, dass es einen Zusammenhang gibt – auch wenn dem nicht so ist. Wir sind die ganze Zeit dabei, Zusammenhänge herzustellen.
Was uns dabei hilft, uns in der Welt zurechtzufinden.
Genau. Man will die Welt ja sinnvoll interpretieren. Wir wissen auch, dass wir in bestimmten Situationen eher dazu neigen, uns dem Glauben zuzuwenden. Zum Beispiel, wenn es Krieg gibt oder Naturkatastrophen, wenn man selbst Verluste, Traumata oder einen Unfall erlebt hat. Das kann ins Paranormale gehen oder auch ins traditionell Religiöse. Aber auf jeden Fall zeigt sich, dass Glauben in solchen Situationen Sinn stiftet und uns vielleicht auch ein Gefühl von Kontrolle zurückgibt.
Wir haben also ein tiefes Bedürfnis nach einer Erklärung, nach Sinn.
Es ist noch nicht lange her, dass meine Mutter gestorben ist. Ich habe an mir selbst gemerkt: Ich hatte das Bedürfnis, auf den Friedhof zu gehen. Die Tradition, die damit einhergeht, einen Elternteil zu verlieren, hat mir geholfen – weil ich wusste, was jetzt in unserem kulturellen Rahmen passieren wird.
Sie haben Verständnis dafür, dass Menschen auf Rituale zurückgreifen, wenn sie in Krisen stecken – oder auch auf magisches Denken?
Absolut. Ich möchte nicht, dass man sich darüber lustig macht. Wenn es so ein stark verbreitetes Erleben ist beim Menschen, dann hat es wahrscheinlich auch seinen Zweck. Wie etwa Kreativität, Umgang mit persönlichem oder gesellschaftlichem Schmerz. Das Gefühl, dass man das Leben dadurch besser kontrollieren kann – das hat ja auch etwas Versöhnliches.
Ein bisschen Wunder darf man sich erlauben.
Ja, auf jeden Fall.
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